Schweden will bei Frauen-EM gegen Deutschland Erfahrungsvorteil nutzen

Stand: 11.07.2025 20:13 Uhr

Acht Spielerinnen aus dem schwedischen EM-Kader spielen oder spielten in der Bundesliga. Doch nicht nur diesen Erfahrungsschatz will das defensivstarke Team im dritten und letzten Vorrundenspiel in Gruppe C gegen Deutschland zum eigenen Vorteil nutzen. Das Ziel ist klar formuliert: Ein Sieg soll her.

In der Partie zwischen Deutschland und Schweden im ausverkauften Züricher Letzigrund am Samstagabend (21 Uhr, Audiostream und Liveticker auf sportschau.de) geht es um viel, aber nicht um alles. Beide Mannschaften sind bereits fürs Viertelfinale qualifiziert, jetzt geht es „nur noch“ um den Gruppensieg – der für den weiteren Turnierverlauf wohl von Vorteil wäre, da man etwa erst im Endspiel auf die spanischen Weltmeisterinnen treffen könnte.

Den Schwedinnen reicht für Platz eins – anders als der DFB-Elf – ein Unentschieden, doch die Ansprüche der Skandinavierinnen sind andere: „Wir wollen gewinnen. Deutschland hat ein sehr gutes Team, aber wir sehen gute Chancen“, sagte Kapitänin Kosovare Asllani, die an drei der bisher vier schwedischen Tore in der Schweiz direkt beteiligt war. „Wir müssen voll konzentriert sein. Es wird ein aufregendes Spiel.“

Schwedinnen noch ohne Gegentor

Die Spielerinnen von Trainer Peter Gerhardsson überzeugten in den beiden ersten Partien vor allem mit starken Defensivleistungen: Zunächst gab’s einen verdienten 1:0-Erfolg gegen das Nachbarland Dänemark, dann wurde Polen deutlich durch drei Kopfballtore mit 3:0 besiegt. Als einziges der 16 EM-Teams hat Schweden noch keinen Gegentreffer kassiert. Gegen die Däninnen und Polinnen ließ man je nur drei Schüsse aufs eigene Tor zu, in beiden Spielen war die „Damlandslaget“ genannte schwedische Nationalelf das tonangebende Team auf dem Rasen.

Auch „Youngster“ im ältesten Team des Turniers

Ein Grund dafür ist sicherlich die riesengroße Erfahrung, die im schwedischen EM-Kader steckt. Mit im Durchschnitt 29,11 Jahren sind die Schwedinnen das älteste Team im Turnier, jede Spielerin hat zudem im Schnitt knapp 75 Länderspiele absolviert. Asllani feierte im ersten EM-Spiel beispielsweise ihren 200. Länderspiel-Einsatz. Sie wird Ende des Monats 36 Jahre alt. Fünf weitere Spielerinnen im Aufgeot haben über 100 Länderspiele absolviert.

Doch auch im „Oldie“-Team macht’s unter dem Strich die Mischung. So stand etwa die 23-jährige Außenverteidigerin Hanna Lundkvist in beiden Spielen in der Startelf – und gegen Dänemark kam für sie im Laufe der Partie mit Smilla Holmberg der 18-jährige „Youngster“ des Teams zu seinem EM-Debüt.

Hanna Lundkvist ist eine von nur vier Spielerinnen im Schweden-Kader unter 25 Jahren.

Lehr- und erfolgreiche Jahre in der Bundesliga

Einen klaren Vorteil sehen die Schwedinnen vor dem Spiel gegen Deutschland auch darin, dass sich ein Drittel der Nationalspielerinnen bestens in der Bundesliga auskennt. So stehen Julia Zigiotti Olme und Magdalena Eriksson beim FC Bayern unter Vertrag, wo auch Linda Sembrant bis zum Saisonende aktiv war und mit ihren Teamkolleginnen gerade Meisterschaft und Pokalsieg feierte. Rebecka Blomqvist wechselt zur neuen Spielzeit vom VfL Wolfsburg zu Eintracht Frankfurt. Amanda Ilestedt (München und Potsdam), Sofia Jakobsson (München und Cloppenburg), Madelen Janogy (Wolfsburg) und Fridolina Rolfö (Wolfsburg und München) spielten ebenfalls teils mehrere Jahre im deutschen Fußball-Oberhaus.

Ilestedt: „Wir wissen, worin sie gut sind“

„Man kennt die Spielerinnen gut und weiß, welche Fähigkeiten sie haben. Das kann man auf jeden Fall mitnehmen“, sagt die 31-jährige Angreiferin Rolfö in der Zeitung „Dagens Nyheter“ zu diesem Erfahrungsschatz. So könne man sich gegenseitig darüber austauschen, „was gegen eine bestimmte Spielerin erforderlich ist. Das ist definitiv ein Vorteil.“

Die 32 Jahre alte Innenverteidigerin Ilestedt sieht es ähnlich, schränkt aber ein: „Wir kennen sie gut – und sie kennen uns sicher auch gut.“ Mittelfeldspielerin Olme trifft am Samstag in Zürich gleich auf eine ganze Handvoll ihrer FC-Bayern-Teamkolleginnen im deutschen Trikot: „Es ist schön, wenn man sie kennt. Man weiß, worin sie gut sind. Aber dann will man natürlich umso mehr gewinnen.“

Gemeinsam Pokalsiegerinnen mit dem FC Bayern: Die Schwedin Magdalena Eriksson nimmt Klara Bühl huckepack.

Rolfö sieht viele Gemeinsamkeiten

Erfahrung hin oder her: Rolfö, die gerade noch rechtzeitig zur EM eine Fußverletzung auskuriert hat, erwartet gegen Deutschland „ein spannendes Spiel von zwei Teams, die ziemlich viele Gemeinsamkeiten haben“. Es werde ein hartes Stück Arbeit, die DFB-Elf zu besiegen, es sei aber machbar: „Deutschland ist stark. Wir erreichen jedoch normalerweise ein hohes Niveau, wenn wir auf Gegner treffen, die uns ziemlich ähnlich sind.“

Trainer Gerhardsson formuliert als Ziel den Gruppensieg, um bereits am kommenden Donnerstag (17.07.2025, 21 Uhr) im Viertelfinale spielen zu können – und nicht erst zwei Tage später. Gegner Deutschland sei ein Team, „das gerade in diesem Jahr gezeigt hat, dass es auf absolutem Spitzenniveau spielt“.

Auch Trainer Peter Gerhardsson will, dass das Spiel zugunsten Schwedens endet.

Der Coach sieht es ähnlich wie Ilestedt: Die Erfahrung aus vielen gemeinsamen Trainingseinheiten und Spielen sei ein „kleines Detail“ und sicher „wertvoll“, aber kein Alleinstellungsmerkmal für seine Schützlinge. Er rechnet nicht damit, dass sein Team gegen Deutschland ein Plus beim Ballbesitz haben wird wie noch gegen Dänemark und Polen: „Ich denke, das Spiel könnte anders verlaufen, möglicherweise mit mehr Kontern“, sagte der 65-Jährige am Tag vor dem Spiel. Welche Veränderungen er in seiner Startelf vornehmen wird, wollte der Coach nicht verraten.

Schweden gewann noch nie ein EM-Spiel gegen DFB-Elf

Dass sich Schweden problemlos für das Viertelfinale qualifiziert hat, ist keine große Überraschung. Die Weltranglisten-Sechsten kamen 2022 in England bis ins Halbfinale, wo sie den Gastgeberinnen unterlagen. Bei der WM 2023 belegten sie in Kanada und Neuseeland Platz drei. Und: Nur zweimal in den vergangenen 30 Jahren – 2009 und 2017 – verpasste Schweden bei einer EM das Halbfinale. Und so überrascht es eben auch nicht, dass die „Damlandslaget“ bei einigen Fußball-Experten – darunter die ehemalige Nationalspielerin Inka Grings – zum Kreis der Titelfavoritinnen gezählt wird.

Lediglich der Blick in die Bilanz der Länderspiele gegen Deutschland bei Europameisterschaften verheißt nichts Gutes für die Partie am Samstag: Von bislang sechs Partien gingen fünf verloren. Das einzige Unentschieden (0:0) gab es in der Gruppenphase 2017 in den Niederlanden. Kein Wunder also, dass sich die Spielerinnen um Kapitänin Asllani, die ihre fünfte EM spielt, auf einen Sieg gegen Deutschland einschwören. Es wäre der erste bei einer Europameisterschaft.

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