Zwei Fußballspielerinnen posieren vor einem Spiegel im Aufzug. Die eine schließt beinahe die Augen, wirft den Kopf nach hinten, die andere lächelt hinter der verspiegelten Sonnenbrille. Die beiden tragen nur Sport-BH und kurze Hosen. Sie zeigen ihre trainierten Körper. Unter dem Instagram-Post stehen zwei Worte: „Sporty vacation.“
Die zwei Frauen spielen bei der Fußball-Europameisterschaft in der Schweiz. Lea Schüller spielt für Deutschland, Martina Piemonte für Italien. Die beiden sind ein Paar. Aufhebens macht deswegen niemand. Es gibt viele weitere prominente Beispiele: Beth Mead und Vivianne Miedema, Pernille Harder und Magdalena Eriksson oder Ann-Katrin Berger und Jess Carter. Man könnte diese Liste von Frauen, die Frauen lieben, weiter fortführen.
Für all diese Frauen ist es normal, zu zeigen, wer sie sind und mit wem sie zusammen sind. Manche mögen das progressiv nennen, doch in der Fußballwelt der Frauen ist das seit Jahren kein großes Thema. Weil es eben so ist, wie es ist. Ihre Botschaft: Wir lieben, wen wir wollen, tu das doch auch. Und genau hier wird einem der große Unterschied zum Männerfußball bewusst.
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Noch immer ist Thomas Hitzlsperger der einzige prominente deutsche Fußballspieler, der sich geoutet hat – nach seiner Karriere. In der Bundesliga gibt es niemanden, der offen seine Liebe zu einem anderen Mann zeigt. Paare wird es sicher auch hier geben. Und in der Fußballwelt sieht es nicht viel besser aus. Vor vier Jahren outete sich der australische Spieler Josh Cavallo. Und steht mit seinem Outing bis heute ziemlich allein auf dem Platz.
Noch immer traut sich beinahe kein Mann, zu zeigen, dass er schwul oder bi ist. In der Schweiz hingegen treffen lesbische Frauen, heterosexuelle Frauen oder solche, die bi sind, aufeinander. Es ist ihre Lebensrealität, gelebte Vielfalt. Das kauft man ihnen ab.
Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Die Männer haben es hier deutlich schwerer. Der Platz mag der gleiche sein, doch die Fanbasis, das Umfeld, das soziale System ist ein völlig anderes. Im Stadion herrschen die Regeln der Männlichkeit, es ist ein Ort, an dem ein altes Männerbild vorherrscht.
An dem oft die lauter erscheinen, die Schwule verspotten, als die, die sich für ihre Rechte einsetzen und nichts gegen sie haben. Es wäre wünschenswert, wenn sich mehr Spieler trauen würden, das zu tun, was die Frauen längst tun. Doch kann man es ihnen wirklich verübeln, dass sie sich vor homophoben Äußerungen und Häme schützen wollen?
Der Männerfußball muss seine toxische Attitüde ablegen, doch lässt sich so etwas nicht so schnell ablegen wie ein verschwitztes Trikot nach dem Spiel. Vier Jahre nach seinem Outing erhält der australische Fußballspieler Cavallo übrigens immer noch Morddrohungen. Lea Schüller und Martina Piemonte hingegen fliegen für ihren Post viele, viele Herzen zu.