Carlotta Wamser zeigt gegen Dänemark bei ihrem ersten Länderspiel über 90 Minuten eine starke Leistung. Bundestrainer Wück sieht sich dadurch bestätigt – und hat einen starken Gwinn-Ersatz gefunden.
Giulia Gwinn war beim 2:1-Sieg der deutschen Mannschaft gegen Dänemark am Dienstagabend zunächst allgegenwärtig: Das Trikot der etatmäßigen Kapitänin hing erst in der Kabine und war später Teil des Mannschaftskreises. Zudem trugen mehrere Spielerinnen den Schriftzug „GG7“ – für Gwinns Initialen und ihre Rückennummer – auf dem Arm. Auf dem Platz hingegen hatte das Team längst einen guten Ersatz gefunden.
Denn auf der Position der verletzten Kapitänin als Rechtsverteidigerin durfte Carlotta Wamser ihr erstes Länderspiel von Beginn an bestreiten. Und tat das in beeindruckender Manier. „Ich fand sie richtig gut“, schwärmte Bundestrainer Christian Wück in der Pressekonferenz nach der Partie. „Sie hat offensiv unheimlich viele Meter gemacht, sie hat defensiv mitgearbeitet. Sie hat sich in jeden Zweikampf reingeworfen.“
Wück fragt bei Journalisten nach
Ohnehin sah sich der Bundestrainer einmal mehr bestätigt. Er hatte Wamser überraschend für die EM nominiert, obwohl sie in der Bundesliga bei Eintracht Frankfurt in der vergangenen Saison keine Stammspielerin war. Als Wück am Dienstagabend nach Wamsers Leistung gefragt wurde, blickte er zufrieden in die Runde der Journalistinnen und Journalisten und sagte: „Wie hat das Plenum sie denn gesehen?“
Eine ähnliche rhetorische Frage in Richtung der Presse hatte der Bundestrainer schon nach Wamsers Einsatz als Einwechselspielerin nach der Gwinn-Verletzung im ersten Gruppenspiel gegen Polen (2:0) gestellt. „Wie haben Sie sie denn heute gesehen?“, erwiderte er am vergangenen Freitag grinsend auf die Reporter-Frage nach der Leistung der 21-Jährigen. „Jetzt hat der Letzte gesehen, dass sie zu Recht bei uns ist“, hatte er im ARD-Interview bekräftigt. Der Stolz über seine Nominierung und Wamsers Leistung stand ihm dabei jeweils ins Gesicht geschrieben.
Wamser besteht „Stresstest“ gegen Dänemark
Gegen Dänemark gab es für Wamser einen „Stresstest“, wie es ARD-Expertin Almuth Schult formulierte. Dem hielt die Neu-Leverkusenerin stand: Sie war unermüdlich auf ihrer rechten Seite unterwegs, trieb an und brachte gute Flanken in den Strafraum. „Sie bestätigt das erste Spiel“, so Wück anerkennend.
Außerdem war Wamser klar im Kopf – beim ersten Startelf-Einsatz keine Selbstverständlichkeit. In der 18. Minute widerstand sie dem ersten Impuls, den Ball aus der Entfernung auf das Tor zu jagen. Stattdessen leitete sie die Szene zum vermeintlichen 1:0 durch Klara Bühl mit ein, das wegen Abseits aberkannt wurde. Bei einer eigenen Schusschance aus guter Position in der 42. Minute zog Wamser überlegt, aber nicht druckvoll genug ab – Maja Bay Östergaard im Kasten der Däninnen war zur Stelle.
Deutschland ohne Sorgen auf rechtsaußen
Nachdem die Passquote von Wamser mit 100 Prozent gegen Polen nicht zu toppen war, lieferte sie mit 89 Prozent auch gegen Dänemark gut ab. Einer dieser Pässe war der in der 53. Minute auf Linda Dallmann, die anschließend elfmeterreif gefoult wurde. In der 70. Minute servierte Wamser eine butterweiche Flanke, die Lea Schüller nur knapp am Tor vorbeiköpfte.
Während es auch gegen Dänemark noch an einigen Stellen im deutschen Spiel hakte, ist die Position rechtsaußen aktuell bei Wamser offenbar in guten Händen. Auch in ihren ersten vollen 90 Minuten im DFB-Dress war die frühere Stürmerin alles andere als eine Mitläuferin. 74 Ballaktionen hatte sie laut Daten des Global Soccer Network (GSN) – mehr als beispielsweise Elisa Senß oder Sjoeke Nüsken im zentralen Mittelfeld.
Wamser wechselt von Frankfurt nach Leverkusen
In der Bundesliga freut sich Bayer Leverkusen auf die Dienste von Wamser – nach der EM wird sie erstmals bei ihrem neuen Verein aufschlagen. „Wir bekommen eine Spielerin, die mitreißen kann“, sagte Achim Feifel, Sportlicher Leiter der Bayer-04-Frauen, im WDR-Interview. „Wir haben keine Zweifel daran, dass sie sich diese Unbekümmertheit trotz der aktuell großen Aufmerksamkeit bewahrt.“
Feifel hatte schon bei der Verpflichtung Wamsers Ende Mai verkündet, sich auf ihre Dynamik und ihren Offensivdrang zu freuen, und ihre Flexibilität gelobt. Bundestrainer Wück weiß, was damit gemeint ist – und seit kurzem wissen es auch die deutschen Fußballfans.