Italien spielt bei der Frauen-EM in der Schweiz bislang nicht die Sterne vom Himmel, steht aber im Gegensatz zu den letzten Turnieren im Viertelfinale. Gegen Norwegen hofft die Azzurre auch auf Arianna Caruso vom FC Bayern München.
Es war die 44. Minute im EM-Auftaktspiel der italienischen Nationalmannschaft gegen Belgien. Lucia Di Guglielmo behauptete sich im halbrechten Mittelfeld und spielte mit einem öffnenden Diagonalpass die am gegnerischen Strafraum lauernde Arianna Caruso frei. Die 25-Jährige Mittelfeldspielerin nahm den Ball mit links an, legte ihn sich auf den rechten Fuß, zog leicht nach innen und nagelte das Leder aus 14 Metern in den linken Winkel des belgischen Tors. Der goldene Treffer für die Azzure, der am Ende für den 1:0-Erfolg gegen Belgien reichte.
Besser als bei den letzten beiden Europameisterschaften
Damit hatten die Italienerinnen ihren ersten Auftrag erfüllt: Nämlich, es besser zu machen als bei den beiden letzten Kontinentalturnieren. Bei den Europameisterschaften 2017 in den Niederlanden und 2022 in England hatten die Südeuropäerinnen ihre Auftaktspiele jeweils verloren und mussten beide Male schon nach der Vorrunde die Segel streichen. Bei der WM 2023 war ebenfalls bereits nach der Gruppenphase Schluss. Diesmal steht die Mannschaft von Trainer Andrea Soncin im Viertelfinale – hinter Auftrag Nummer zwei darf somit auch ein Haken gesetzt werden.
Dass Italien unter den besten Acht steht ist auch das Verdienst von Caruso. Nicht nur wegen des Treffers gegen Belgien, sondern weil die Spielerin, die der FC Bayern München nach einer halbjährigen Leihe vor wenigen Wochen fest verpflichtete, mittlerweile auch als Leaderin vorangeht.
FC Bayern nimmt Caruso bis 2028 unter Vertrag
Mit ihren 25 Jahren hat Caruso in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung hingelegt. Als Leistungsträgerin wurde sie mit Juventus Turin insgesamt sechsmal italienische Meisterin, dreimal holte sie mit der „Alten Dame“ den Pokal, viermal stand sie im Team des Jahres der Serie A.
Caruso spielte sich derart ins Rampenlicht, dass der FC Bayern im Winter zuschlug und die Italienerin zunächst auslieh, ehe sie am 30. Juni fest verpflichtet und bis 2028 an den deutschen Meister gebunden wurde. Für Caruso ein notwendiger Schritt, um das nächsthöhere Level zu erreichen. „Ich bin sicher, dass ich mich beim FC Bayern weiterentwickeln und viele schöne Erlebnisse haben werde“, sagte sie zu ihrem Wechsel.
Arianna Caruso ist im Januar leihweise zum FC Bayern gewechselt und hat dort direkt zwei Titel gewonnen.
Beim FCB hatte die Mittelfeldspielerin in der abgelaufenen Rückrunde noch mit leichten Anpassungsproblemen zu kämpfen, ihre Verpflichtung gilt aber als Investition in die Zukunft. Ganz anders beim italienischen Nationalteam: Hier ist sie bereits jetzt eine Spielerin, die vorangeht. Eine Strategin, die sowohl auf der Acht als auch auf der Zehn spielen kann. Von beiden Positionen aus kann Caruso ihren Offensivdrang und ihre stark ausgebildete Antizipation ausleben, indem sie immer wieder in die Spitze stößt und den Abschluss sucht. So wie gegen die Belgierinnen.
Zweimal im EM-Endspiel in den 1990er Jahren
Caruso hat durch ihre Entwicklung einen enormen Anteil daran, dass die italienische Nationalelf etwas näher an die Spitzengruppe Europas gerückt ist. In den 1990er Jahren waren die Südeuropäerinnen zweimal Vize-Europameisterinnen (1993, 1997), in der Folge verlor das Team den Anschluss.
Nun steht Italien unter den besten Acht – auch wenn der Stil der Azzure weiterhin eher minimalistisch ist. Das zeigt sich an den Ergebnissen: Mit vier Punkten und dem negativen Torverhältnis von 3:4 hat die Mannschaft von Coach Soncin das Viertelfinale erreicht, wobei das Team sich im abschließenden Gruppenspiel beim 1:3 gegen Spanien wacker schlug und dem EM-Topfavoriten immerhin Kopfzerbrechen bereitete.
Italien traf gegen Spanien in der zehnten Minute zur zwischenzeitlichen Führung und roch so zumindest kurz an der Sensation.
Italien gegen Norwegen: Zweimal Remis in EM-Qualifikation
Bereits in der Qualifikation für die EM zeigte Italien eher Effizienz als Spektakel. Lediglich zwei Siege aus sechs Spielen reichten jedoch zu Platz eins in der Gruppe. Dabei ging es auch zweimal gegen Norwegen – den kommenden Gegner im EM-Viertelfinale (Mittwoch, ab 21 Uhr im Audiostream auf sportschau.de). In der Quali trennten sich beide Teams zweimal Remis (0:0, 1:1).
Italien geht nun mit einer Menge Selbstvertrauen in das neuerliche Duell mit den Norwegerinnen. Der Traum vom Halbfinale lebt. Die mittlerweile zur Anführerin gereifte Caruso hat ihren Anteil daran, dass Norwegen noch nicht die Endstation für die Azzure sein soll.