Nach einem holprigen Start in seine erste Tour de France hat Florian Lipowitz beim Zeitfahren ein erstes Ausrufezeichen gesetzt und sogar Jonas Vingegaard hinter sich gelassen.
Ausrufezeichen im Kampf gegen die Uhr: Florian Lipowitz.
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Florian Lipowitz ist alles andere als optimal in seine erste Tour de France gestartet. Erst wurde ihm und seinem Team bei der 1. Etappe die Windkante zum Verhängnis und wichtige Sekunden wurden verloren. Tags darauf zeigte er, dass er zumindest keine Angst hat – auch wenn seine mutige Attacke verpuffte. Beim knackigen Finale der 4. Etappe musste er Pogacar und Co. ziehen lassen.
„Das war beeindruckend von hinten zu sehen, wenn man selbst in dem Berg steht und die vorn losfahren“, sagte Lipowitz am Mittwoch bei der ARD und gab nach seinen Startschwierigkeiten zu: „Die Stimmung war nach den letzten Tagen nicht die beste.“
Für den Stimmungsaufheller sorgte der 24-Jährige am Mittwoch beim Zeitfahren von Caen dann selbst. Lipowitz fuhr als Sechster mit einem Abstand von 58 Sekunden hinter Tagessieger Remco Evenepoel über die Ziellinie. Und war dabei jeweils rund 20 Sekunden schneller als sein eigener Red-Bull-Kapitän Primoz Roglic und der zweimalige Tour-Gewinner Jonas Vingegaard, der nicht zufrieden war.
„Ich bin mehr als zufrieden. Ich bin nicht ganz so gut in die Tour gestartet. Ich habe ein wenig an mir gezweifelt. Deshalb ist das heute ein Lichtblick für die kommenden Tage“, kommentierte ein sichtlich erleichterter Lipowitz. „Ich bin vor allem über Jonas (Vingegaard, Anm. d. Red.) überrascht. Das gibt Zuversicht.“
Der gebürtige Schwabe kletterte in der Gesamtwertung vom 20. auf den 9. Rang und liegt nur noch eine Sekunde hinter Roglic. Bahnt sich womöglich ein Wechsel in der Teamhierarchie an? Sportchef Rolf Aldag wollte davon noch nichts wissen, verwies auf die zahlreichen Podiumsplätze des Slowenen in den letzten Jahren. Red Bull-Bora-hansgrohe wird wohl weiterhin auf eine Doppelspitze setzen, ohne dass Lipowitz Helferdienste leisten muss.
„Die Tage hier waren brutal hart“: Florian Lipowitz.
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Jan Ullrich war in der Heimat „super beeindruckt“ vom neuen deutschen Hoffnungsträger bei der Frankreich-Rundfahrt. „Ich glaube, er weiß gar nicht, wie stark er ist“, sagte der einzige deutsche Tour-Champion der ARD. „Dass er so weit vorn reinfährt, hätte ich nicht gedacht. Er hat sich hinten raus richtig gesteigert“, fügte Ullrich hinzu. Er traue dem 24-Jährigen „sehr viel“ zu. Er glaube, dass er in den Bergen „ganz vorne“ mitfahren könne.
Doch bis es in der zweiten Woche in die Berge geht, wird es für Lipowitz nochmal knifflig. „Die nächsten Etappen mit den kurzen Anstiegen liegen mir normalerweise nicht so“, sagt er über die anstehenden Abschnitte. So gilt es, keine weiteren kostbaren Sekunden auf der Straße zu lassen und in keine Stürze verwickelt zu werden. „Die Tage hier waren brutal hart. Ich bin froh, wenn wir den ersten Ruhetag erreichen“, so der einstige Biathlet. Doch bis dahin stehen noch fünf anstrengende Tage an. Und nach dem Ruhetag geht es ja erst richtig los …