Worum es beim Misstrauensvotum gegen von der Leyen geht

Stand: 10.07.2025 10:39 Uhr

Das EU-Parlament hält heute ein Misstrauensvotum über EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen ab, angestrengt von einem Rechtsaußen-Politiker. Eine Mehrheit ist unwahrscheinlich – dennoch rumort es im Parlament.

In Straßburg wird gerade emsig gerechnet. Wie viele Abgeordnete sind da, wer könnte für ein Misstrauensvotum stimmen, wer könnte sich enthalten?

Zwei Drittel der Abgeordneten müssten dem Antrag der rechten Gruppe folgen, das ist so wahrscheinlich wie ein Bundeskanzler von der Tierschutzpartei.

Manche Sozialdemokraten sind verstimmt

Dennoch rumort es an manchen Stellen hörbar im Europaparlament. Renè Repasi, Sprecher der deutschen Sozialdemokraten, ist enttäuscht von Ursula von der Leyen. Er nimmt ihr übel, dass sie den „postfaschistischen EU-Abgeordneten Raffaele Fitto zu ihrem Stellvertreter gemacht hat“.

Auch die Abschaffung diverser Umweltvorschriften nehmen die Sozialdemokraten von der Leyen übel. Sie sind immer noch die zweitstärkste Kraft im EU-Parlament. Ohne sie geht eigentlich nichts – außer die Konservativen arbeiten mit den Rechten zusammen, was in den letzten Monaten immer wieder vorgekommen ist. Trotz dieser Enttäuschung würden die Sozialdemokraten dem Antrag der Rechten niemals zustimmen, stellt Repasi klar.

Und auch von ihrer eigenen Partei, der CDU/CSU, bekommt Ursula von der Leyen volle Unterstützung, wie Daniel Caspary, CDU-Europaabgeordneter aus Karlsruhe, betont.

Vorwurf: Intransparenz und Machtmissbrauch

Der Antrag auf ein Misstrauensvotum gegen die EU-Kommissionspräsidentin wurde von dem rumänischen Abgeordneten Gheroghe Piperea eingebracht. Er wirft von der Leyen Intransparenz und Machtmissbrauch vor.

Konkret geht es um die Beschaffung von Impfstoffen in der Corona-Pandemie. Von der Leyen hatte damals für viele Milliarden Euro Impfstoff für die Länder bestellt und diese Verhandlungen unter anderem per SMS mit der amerikanischen Pharmafirma Pfizer abgewickelt. Diesen Austausch hat sie nie veröffentlicht. Auch die Milliarden für Corona-Hilfen kritisiert Piperea.

Auch wenn der Misstrauensantrag keine Chance hat, reiste von der Leyen mit allen Kommissaren Anfang der Woche nach Straßburg, um sich zu verteidigen. Sie beschrieb noch einmal die dramatische Situation der Corona-Zeit und erklärte:

Ich höre ihre Sorgen laut und deutlich. Ich werde immer an gemeinsamen Lösungen arbeiten mit pro-demokratischen und pro-europäischen Kräften in diesem Haus.

Es geht um mehr als nur die Corona-Aufarbeitung

Es ist das dritte Mal in der Geschichte des EU-Parlaments, dass es ein Misstrauensvotum gegen die EU-Kommission gibt. Mehr als 70 Abgeordnete unterstützen den Antrag, unter ihnen auch EU-Abgeordnete der AfD und des BSW. Es ist also ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang, der die angespannte Stimmung im EU-Parlament widerspiegelt.

Das Parlament habe sich verändert, seit die rechten Parteien stärker geworden sind, hört man immer wieder von den Abgeordneten. Der Klimaschutz sei an zweite Stelle gerückt, die Wirtschaft sei wichtiger. Es gebe weniger Kompromissbereitschaft und Verhandlungen.

Es geht also bei diesem Misstrauensvotum um mehr als um die Aufarbeitung der Corona-Krise, Ursula von der Leyen bekommt damit auch die Unzufriedenheit des Parlaments über die aktuelle Situation zu spüren. Sie selbst ist heute nicht vor Ort, sondern bei der Ukraine-Konferenz in Rom.

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