Söder verleiht bayerische Verdienstorden – Bayern

Früher war das Antiquarium der Münchner Residenz den bayerischen Fürsten, Kurfürsten und Königen vorbehalten. An diesem Mittwochvormittag kamen dort 63 Menschen zusammen, die sich um den Freistaat verdient gemacht haben, zumindest aus Sicht des Ministerpräsidenten: Markus Söder verlieh ihnen den Bayerischen Verdienstorden und begrüßte sie als neue Mitglieder im „exklusivsten Klub der Bayern“. Exklusiv deswegen, weil die Gruppe der lebenden Ordensträger die Zahl von 2000 nicht überschreiten darf.

Ausgezeichnet werden damit ganz unterschiedliche Menschen. Solche zum Beispiel, die sich für andere einsetzen. Wie Anke Boysen. Der Leiterin der Rettungshundestaffel des Arbeiter-Samariter-Bundes München kamen in den Tagen vor der Verleihung noch Zweifel, ob sie die Auszeichnung auch wirklich verdient habe, sagte sie. Dabei rettete sie nicht nur in Bayern Menschenleben, sondern befreite auch nach dem schweren Erdbeben in der Türkei vor zwei Jahren Verletzte aus den Trümmern. Sie und ihr Hund Aquim waren Teil des Teams der internationalen Katastrophenhilfe. Das war ihr erster Auslandseinsatz.

Obwohl sie ihren Hund extra dafür ausbildet und Spezialeinsätze, wie den nach einem Erdbeben übt, war die Rettungsaktion in der Türkei doch etwas Besonderes: „Normalerweise sind wir in der Vermisstensuche in Wald und Feld um München herum unterwegs“, sagte sie. Nach der Verleihung zeigt sie sich doch ein wenig stolz. Sie sei ein leuchtendes Vorbild in Sachen Mut und Verantwortungsbewusstsein, hieß es in der Laudatio. Boysen, die in Kirchseeon (Landkreis Ebersberg) lebt, sieht sich als Stellvertreterin für alle Katastrophenhelfer: „Es gibt so viele Ehrenamtliche, die das auch verdient hätten.“

Anke Boysen rettete vor zwei Jahren nach dem Erdbeben in der Türkei Verschüttete aus den Trümmern. (Foto: Elena Zengel)

Dem Allgäuer Senner Helmut Zweng verlieh Söder den Orden für seine Arbeit auf der Sennalpe Hochried. Dort produziert Zweng Bergkäse und Butter und gibt Führungen für Schulklassen. Söder sagte, in Zwengs Arbeit sei gelebte Tradition und eine tiefe Verbundenheit mit dem Allgäuer Alpenraum zu erkennen. Der Alpbetreiber aus Rettenberg (Landkreis Oberallgäu) freut sich über die Auszeichnung, verändern werde sich deswegen aber nichts. Auf die Frage, was ihm der Orden bedeute, sagte er: „Meine Arbeit geht so weiter wie vorher.“

Helmut Zweng ist Senner und führt so eine Allgäuer Tradition fort. (Foto: Elena Zengel)

Etwas euphorischer äußerte sich Frauenrechtsaktivistin Fadumo Korn über ihren Verdienstorden: „Manchmal habe ich das Gefühl ich kämpfe gegen Windmühlen, aber heute habe ich Flügel bekommen.“  Die Münchnerin setzt sich mit ihrem Verein „NALA“ für die Opfer weiblicher Genitalverstümmelung ein. Weltweit sind laut Unicef 230 Millionen Frauen und Mädchen betroffen, vor allem in Afrika. Aber auch in Bayern finde Genitalverstümmelung statt. „Das ist eine kulturelle Praxis, keine religiöse, die sich durch Migration auch auf Deutschland ausgeweitet hat“, sagte die Frauenrechtsaktivistin. Sie wünsche sich eine politische Vertreterin im Landtag, die auf das Thema Genitalverstümmelung aufmerksam mache.

Fadumo Korn erhielt den Verdienstorden wegen ihres Einsatzes für die Opfer von weiblicher Genitalverstümmelung. (Foto: Elena Zengel)

Der Bayerische Verdienstorden ist der Staatskanzlei zufolge ein Zeichen ehrender und dankbarer Anerkennung für hervorragende Verdienste um den Freistaat Bayern und das bayerische Volk. Die Verdienste sind vielfältig. Zu den Ausgezeichneten gehören etwa Gülsah Ensan aus Zellingen, die sich um ein Gesundheitsprojekt für Migranten kümmert, der Literaturforscher Hans Göttler aus Kirchham sowie Angela Spagert aus Rain, die seit mehr als sechs Jahrzehnten ihre schwerstbehinderte Tochter pflegt.

Aber auch Politikerinnen und Politiker bekommen den Verdienstorden, Society-Menschen und allerhand Prominente. Söder zeichnete unter anderem den sogenannten König von Mallorca aus, den Schlagersänger Jürgen Drews („Ein Bett im Kornfeld“) sowie Sänger Michael Holm („Tränen lügen nicht“).

Wie der König von Mallorca kam Sänger Jürgen Drews zur Ordensverleihung. (Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/Imago)Bild-Vizechefredakteurin Tanja May, Jürgen Drews, Ellen und Alice Kessler, bekannt als Kessler-Zwillinge, und Schlagersänger Michael Holm (von links) mit ihren Orden. (Foto: Lukas Barth/dpa)Markus Söder verlieh den Verdienstorden auch an den Sportjournalisten Marcel Reif. (Foto: Lukas Barth/dpa)

Die Kessler-Zwillinge Alice und Ellen wurden in den 50er- und 60er-Jahren im internationalen Showgeschäft berühmt. Im Alter von 88 Jahren erhielten sie nun den Verdienstorden.

Auch Medienschaffende, wie die Sportjournalisten Marcel Reif und Gerd Rubenbauer, die Boulevard-Journalisten Tanja May und Robert Pölzer und Radiomoderator Fritz Egner wurden von Söder geehrt.

Sportler nahm Söder ebenfalls in die Ehrenriege auf: die Para-Radsportlerin und Weltmeisterin im Zeitfahren Michaela Grassinger, den Ex-Stürmer beim TSV 1860 München Fredi Heiß und den früheren Bayern-Spieler Franz „Bulle“ Roth. Außerdem den ehemaligen Trainer des 1. FC Nürnberg und des FC Bayern Felix Magath und Hermann Gerland, der ebenfalls bei beiden Vereinen Trainer war.

Sportler mit Ministerpräsident (3.v.r.): Felix Magath, Hermann Gerland, Franz „Bulle“ Roth, Michaela Grassinger und Alfred „Fredi“ Heiß (von links). (Foto: Lukas Barth/dpa)

Der erste Träger des bayerischen Verdienstordens war Bundeskanzler Konrad Adenauer. Der bayerische Ministerpräsident erhält die Auszeichnung traditionell zum Amtsantritt. Es gibt auch Kritiker der Auszeichnung, die darin lediglich die Lobhudelei des einen Politikers für die anderen sehen. Dem hielt Ministerpräsident Söder entgegen, dass nicht nur Mandatsträger, sondern auch sozial Engagierte, Naturschützer, Kulturschaffende, Journalisten, Sportler und viele mehr, die „den Freistaat besser machen“, die Auszeichnung erhielten. Die Ordensträger haben besondere Privilegien: Sie dürfen kostenfrei auf den bayerischen Seen Schiff fahren und haben freien Eintritt in die Schlösser und Museen des Freistaats.

Die neuen Ordensträgerinnen und Ordensträger:

Birgit Angerer, Regensburg; Hans Baur, Wallgau; Gregor Biebl, München; Thomas Bold, Wartmannsroth; Anke Boysen, Kirchseeon; Uschi Dämmrich von Luttitz, Weyarn; Bill Deck, Hohenbrunn; Jürgen Drews, München; Richard Drexl, Weil; Gerhard Eck, Donnersdorf; Fritz Egner, Riemerling; Gülsah Ensan, Zellingen; Marianne Folger, Freising; Hermann Gerland, Taufkirchen; Albert Göttle, Sonthofen; Hans Göttler, Kirchham; Michaela Grassinger, Mistelgau; Günther Grauer, Starnberg; Saskia Greipl-Kostantinidis, München; Gerhard Guske, Schliersee; Volkmar Halbleib, Ochsenfurt; Nadia Harbeck, Otterfing; Janina Hartwig, München; Fredi Heiß, Grasbrunn; Alexander Hold, Kempten; Michael Holm, Weilheim; Maria Hoßmann, Eußenheim; Evi Hübner, München; Michael Käfer, München; Rita-Maria Käß, Würzburg; Ursula Kalb, München; Alice Kessler, Grünwald; Ellen Kessler, Grünwald; Fadumo Korn, München; Harald Kühn, Murnau; Sixtus Lampl, Valley; Christl Lang, Ismaning; Felix Magath, München; Elisabeth Makepeace-Vondrak, Vilsbiburg; Michael Matt, Bad Abbach; Tanja May, München; Martin Miller, Nesselwang; Elisabeth Müller, Bad Kissingen; Martin Neumeyer, Abensberg; Robert Pölzer, Starnberg; Annamirl Raab, Schliersee; Marcel Reif, München; Franz Roth, Marktoberdorf; Gerd Rubenbauer, Habach; Adolf Schapfl, Wolnzach; Jens Marco Scherf, Wörth am Main; Max Schierer, Cham; Gabi Schmidt, Uehlfeld; Erich Schneeberger, Nürnberg; Tanja Schorer-Dremel, Eichstätt; Petra Schwille, Planegg; Angela Spagert, Rain; Simone Strohmayr, Stadtbergen; Josefa Thusbaß, Schlehdorf; Hannelore Weißmann, Ehingen; Doris Wittig-Moßner, Nürnberg; Peter Worm, Mering; Helmut Zweng, Rettenberg.

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